Sonntag 4. September 2011, 14.00 Uhr
SELZ art contemporain, 2732 Perrefitte
"Duo ums ’n jip"
Ulrike Mayer-Spohn, Blockflöten;
Javier Hagen, Tenor/Countertenor
Pierre-André Bovey «Lettre à Léonard sur les oiseaux» (UA)
Markus Hofer «Märchen» Text von Hans Arp (UA)
Markus Hofer «frau schlendrian» Text von Lea Gottheil (UA)
Max E. Keller «1968 – und heute?» Text von Max E. Keller (UA)
Ulrike Mayer-Spohn «JvE-MN-RV-2.1» (UA)
Javier Hagen «modul >> 1.1» (UA)
Beat Gysin «Der Spanier»
Gleiches Programm:
Freitag, 2. September 2011, 20.30 Uhr Kunstraum Walcheturm, Zürich
Samstag, 3. September 2011, 20.30 Uhr Imperimerie (Schleifferei), Basel
Donnerstag, 8. September 2011, 20.15 Uhr Theater am Gleis, Winterthur
UMS 'n JIP (Ulrike Mayer-Spohn und Javier Hagen) gehört zu den ungewöhnlichsten und mit über 70 Konzerten und ca. 10 Uraufführungen jährlich zu den weltweit aktivsten Ensembles für Neue Musik der Gegenwart: Nach Studien in Komposition, Interpretation zeitgenössischer Musik sowie Audiodesign in Holland, Deutschland, Italien und der Schweiz arbeiten sie mit Stimme, Blockflöte und Elektronik an der Schnittstelle zwischen musikalischer Avantgarde und Pop, zwischen analoger und digitaler Performance, zwischen Konzert und Musiktheater sowie zwischen europäischer und aussereuropäischer Musik. Sie waren Gast an den weltweit wichtigsten Festivals für Neue Musik (New York, Hong Kong, Shanghai, Avignon, TKF Zürich, TKF Lausanne, Donaueschingen etc.), wo sie als Duo wie als Solisten über 150 Werke in Zusammenarbeit mit Komponisten wie Heiner Goebbels, Wolfgang Rihm, Peter Eötvös, Aribert Reimann, Mauricio Kagel, Huang Ruo, Guo Wenjing, Deqing Wen, Hans-Ulrich Lehmann, Mischa Käser, Beat Gysin, Xavier Dayer, Junghae Lee, Erik Oña und vielen anderen mehr (ur-) aufgeführt haben.
Pierre-André Bovey : „Lettre à Léonard sur les oiseaux“
Den musikalischen Einfällen der Blockflöte folgen Antworten des Sprechers mit einigen kurzen Zitaten aus den Schriften von Leonardo da Vinci.
Was mich bei diesen Texten immer fasziniert, ist die Poesie, die sich aus dem eher wissenschaftlichen Inhalt dieser Sätze unerwartet offenbart.
Markus Hofer: „märchen“ Text von Hans Arp
Im Wissen, dass die Interpreten einen Bezug zum Musiktheater haben, wählte ich die drei Märchen von Hans Arp. Die Worte sind in diesen Gedichten stark assoziativ (blau, Flügelbewegung, niederlassen, liegen, vergessen, Punkt u.s.w.) dies ermöglichte mir auch Verbindungen der aussergewöhnlichen Kombination von Blockflöte und Countertenor herzustellen.
Ich denke, dass sich diese Stücke an der Grenze zwischen Absurdem und tiefer Wahrheit bewegen. Sie haben mich musikalisch in neue ungewöhnliche Spannungsfelder geführt die, so hoffe ich, auch hörbar werden.
„frau schlendrian“ Text von Lea Gottheil
….auch bei frau schlendrian waren es die inneren Kräfte der Worte die mir als Antrieb dienten, die bei mir aber auch neue Klangfarben und Geräusche provozierten – für diese aufrüttelnden, tiefempfundenen Texte bin ich Lea Gottheil sehr dankbar!
Max E. Keller: „1968 – und heute ?“ Text: Max E. Keller
Drei Aspekte der 68er-Bewegung in drei Abschnitten: Der Krieg der USA gegen Nordvietnam löste weltweite Proteste aus, die dazu beitrugen, dass die Amerikaner 1975 geschlagen abziehen mussten. Heute ist das vereinigte Vietnam ein aufstrebendes Land mit reichen Bodenschätzen. Der Besuch des Schahs von Persien in Berlin im Juni 1967 und die Erschiessung eines protestierenden Studenten durch die Polizei war ein anderer
Auslöser der Jugendrevolte von 1968. Der Schah musste bald zurücktreten, die Islamisten übernahmen das Zepter: ein zweifelhafter Erfolg. Das damalige Ideal eines im umfassenden Sinne freien, selbstbestimmten und doch solidarischen Lebens ist einer neuen Angepasstheit und Behäbigkeit, einer bürokratisch geregelten Gesellschaft gewichen.
Die Vertonung bedient sich nicht des inzwischen konfektionierten Pop-Idioms, sondern sucht eine eigenständige, möglichst farbige und abwechslungsreiche Umsetzung für die unkonventionelle „Instrumentation“. Gesang und Blockflöte bewegen sich oft auf unterschiedlichen Ebenen, indem sie verschiedene Dimensionen des Textes reagieren. So reflektiert diese Klangwelt die Spontaneität, Phantasie und Unbekümmertheit der 68er-Jahre, ohne in oberflächliche Verdopplungen des Textinhaltes zu verfallen.
Ulrike Mayer-Spohn: „ JvE-MN-RV-2.1“
Das Werk spürt in zeitlicher Verlangsamung mit mikroskopischer Genauigkeit dem fragilen Moment des Tonansatzes nach und zerreibt die Sprache Eichendorffs in seine Grundbestandteile.
Javier Hagen: „ modul >> 1.1“
Das Werk setzt sich mit dem Thema Metaform auseinander. Metaform als ein Weg, mit Modulen - einem Mobile gleich zu arbeiten, die die Musiker gegeneinander spielerisch und aus dem Moment heraus verschieben können.
Beat Gysin: „Der Spanier“
„Der Spanier“ ist ein zerbrechliches Musikstück für im Raum verteilte Lautsprecherstationen. Zeitungstexte formen eine sinnlose Textmatrix, in der sich das Stück immer mehr in ein „Wunderland“ verliert, wo zwischen Realität und Phantasie keine klare Trennung mehr besteht. Das Interpretenduo formt verschiedene Anordnungen im Raum, mal nahe zusammenstehend, mal weit auseinander, mal nahe beim Publikum... . Diese „Choreografie“ öffnet eine zweite Ebene, die sich mit der Musik zusammen zu einer Gesamtwahrnehmung des Stücks verbinden.